Der Hölderlinturm in Tübingen - Literarischer Erinnerungsort am Neckar

Hölderlinturm in Tübingen

Am nördlichen Neckarufer in Tübingen steht ein gelbes Gebäude mit spitzem Dach, das zur bekanntesten Sehenswürdigkeit der Universitätsstadt geworden ist: der Hölderlinturm. Errichtet wurde der Turm im späten 18. Jahrhundert auf einem ehemaligen Wehrturmsockel der Stadtbefestigung. Die Geschichte des Hölderlinturms lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Sockel des Turms war Teil der mittelalterlichen Stadtmauer entlang des nördlichen Neckarufers.

Lage und Architektur des Hölderlinturm in Tübingen

Der Hölderlinturm befindet sich in der Bursagasse 6 in Tübingen, direkt am Neckar. Der Weg von der Neckarbrücke zum Hölderlinturm führt über den schmalen Zwingel, den Freiraum zwischen innerer und äußerer Stadtmauer. Das heutige Erscheinungsbild des Turms entstand nach einem Brand: 1875 ist das Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt und wurde in veränderter Form mit Spitzhelm wieder errichtet. Der Turm erhielt dabei seine heutige runde Gestalt.

Geschichte des Hölderlinturm

Im Jahr 1807 wurde das Gebäude vom Schreinermeister Ernst Friedrich Zimmer (1792-1838) erworben, der im Mai den als unheilbar krank aus dem Universitätsklinikum entlassenen Friedrich Hölderlin (1770-1843) in Pflege nahm. Zimmer ließ das zweistöckige Gebäude bis 1828 mehrmals ausbauen. Er starb 1838, seine Tochter Charlotte kümmerte sich fortan um Hölderlin. Nach Hölderlins Tod blieb das Gebäude zunächst in privatem Besitz. 1921 erwarb die Stadt Tübingen das Haus mit finanzieller Unterstützung der Vorläufer-Organisation der Hölderlin-Gesellschaft, der „Vereinigung zur Erhaltung und Erwerbung des Hölderlinturmes". 1954 wurden das Erdgeschoss und der erste Stock der mittlerweile gegründeten Hölderlin-Gesellschaft übergeben und eine erste Hölderlin-Ausstellung eingerichtet.

Friedrich Hölderlin - Leben und Bedeutung

Friedrich Hölderlin (1770-1843) gilt heute als einer der wichtigsten deutschsprachigen Dichter. Friedrich Hölderlin, der von 1788–1793 zusammen mit Hegel und Schelling im Evangelischen Stift studierte, schrieb bereits in seiner Studienzeit Gedichte und schlug – gefördert von Schiller – eine Laufbahn als Hauslehrer und freier Schriftsteller ein.

Glück- und rastlos brachte man ihn 1806 wegen geistiger „Verrückung" in die erste Tübinger Universitätsklinik. Nach 231 Tagen als unheilbar diagnostiziert, fand Hölderlin im nahegelegenen Turm des Schreinermeisters Ernst Zimmer Aufnahme, wo er bis zu seinem Tod am 7. Juni 1843 von Zimmers Tochter Lotte geduldig gepflegt wurde.

Für Hölderlin war der Turm ein Ort des Rückzugs, der Abkehr von der Außenwelt. Hier entstanden seine spätesten Gedichte, die er häufig mit dem Pseudonym »Scardanelli« unterzeichnete, und hier empfing er auch Besucher, wie beispielsweise die Dichter und damaligen Studenten am Tübinger Stift Wilhelm Waiblinger und Eduard Mörike.

Das Museum im Hölderlinturm

Heute zählt der Hölderlinturm zu den bedeutendsten Erinnerungsorten der Literaturgeschichte. Literaturmuseum, Dichterwohnhaus, Schreibwerkstatt, Veranstaltungshaus und Ausgangspunkt der Literaturvermittlung: Der Tübinger Hölderlinturm ist ein literarischer Ort – ein Ort, der zur Auseinandersetzung mit Literatur einlädt, sie sinnlich erfahrbar macht und selbst in die Literaturgeschichte eingegangen ist.

Das Museum enthält eine multimediale Dauerausstellung, die Einblicke in Hölderlins biografische Stationen in Tübingen gibt. Sie erstreckt sich über alle drei Etagen des Turms, macht Hölderlins Umgang mit Sprache und Rhythmus sinnlich erfahrbar und zeigt den Dichter als radikalen Arbeiter an der Sprache und als Inspirator für die Künste. Die darin gezeigte Ausstellung widmet sich Hölderlins letzten 36 Lebensjahren im Turm, der Schönheit seiner Turmgedichte und der Fürsorge, die er hier durch die Familie Zimmer empfing. Im Zentrum der Ausstellung steht das einzig erhaltene Möbelstück des Dichters: der Tisch, auf den er „mit der Hand geschlagen, wenn er Streit gehabt – mit seinen Gedanken" – so schrieb es einst Lotte Zimmer.

Ein Sprachlabor lädt dazu ein, selbst mit Silben, Worten und Versen zu experimentieren. Im angrenzenden Garten lassen sich Hölderlins Texte auf einer Gedichtlaufstrecke in Bewegung übersetzen.

Besuchsinformationen

Adresse: Bursagasse 6, 72070 Tübingen
Telefon: 070 71/ 204 18 60

Der Eintritt ist frei.

Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Montag 11:00 Uhr - 17:00 Uhr
Di und Mi geschlossen

Das Museum verfügt über eine Präsenzbibliothek und bietet regelmäßig Führungen an. Öffentliche Führungen durch die Dauerausstellung gibt es jeden 1. und 3. Sonntag im Monat um 14 Uhr. Neben der Dauerausstellung finden wechselnde Sonderausstellungen statt.

Das Museum wird von der Stadt Tübingen in enger Kooperation mit der 1943 gegründeten Hölderlin-Gesellschaft, die ihren Sitz in dem Haus hat, verwaltet.

Warum einen Besuch einplanen?

Der Hölderlinturm bietet Literaturinteressierten die Möglichkeit, in die Welt eines der bedeutendsten deutschen Dichter einzutauchen. Die multimediale Aufbereitung macht Hölderlins Werk auch für Laien zugänglich und zeigt seinen Einfluss auf Kunst und Musik bis heute. Das historische Turmzimmer vermittelt eine authentische Atmosphäre und lässt Besucher nachvollziehen, wie Hölderlin hier seine letzten Lebensjahre verbrachte.

Die malerische Lage am Neckar macht den Besuch auch für Architektur- und Fotografieinteressierte lohnenswert. Der Turm ist Teil der berühmten Tübinger Neckarfront und bietet zusammen mit den umliegenden historischen Gebäuden ein eindrucksvolles Ensemble. Für Tübingen ist der Hölderlinturm ein Wahrzeichen, das die Stadtkulisse prägt.

Ein Spaziergang entlang des Neckars lässt sich ideal mit dem Museumsbesuch verbinden und bietet schöne Ausblicke auf die Altstadt und das Schloss Hohentübingen. Weitere Sehenswürdigkeiten in Tübingen

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